Further developing nationwide indicators for cultural ecosystem services (KÖSL 2.0)
Leitung: | Prof. Dr. Christina von Haaren, Junior-Prof. Dr. Christian Albert |
Team: | M.Sc. Johannes Hermes, Dipl.-Umweltwiss. M.Sc. Birte Bredemeier |
Jahr: | 2020 |
Förderung: | Bundesamt für Naturschutz (BfN) |
Laufzeit: | Dezember 2018 - Februar 2020 |
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Short description
Cultural ecosystem services (CES) are the services of nature and landscapes that generate positive effects on human well-being, e.g. through recreation, interaction with nature and landscapes, and aesthetic experiences. They can provide various individual and societal benefits, making them an important field of action for spatial planning and policy. To date, there has been a lack of suitable indicators and methods for mapping and evaluating cultural ecosystem services at a national level, which could usefully inform spatial planning and policy making with regard to better consideration of CES. The project "Valuing cultural ecosystem services in Germany" developed and applied a concept for a nationwide assessment, evaluation, and mapping of (1) the capacity of the landscape to supply CES for recreation, in particular for leisure and weekend recreation, (2) the relevant recreation infrastructures, as well as for (3) a spatial representation of the demand for these services (spatial analysis). At the same time, a nation-wide representative empirical study was carried out surveying the actual use of landscapes and their elements in the context of leisure and weekend recreation, among other things.
Four core results were achieved in the context of the spatial analysis:
- A nationwide evaluation of the aesthetic quality of the landscape as a backdrop for recreational activities,
- an evaluation of the landscape quality for recreational activities (CES capacity),
- a spatial assessment of the utilization pressure on the landscape, which takes into account the accessibility of potential areas for recreation and population density, and
- an overlay of capacity and utilization pressure, from which discrepancies and congruencies between the two can be derived.
The empirical study generated nationwide representative data on participation rates, and frequencies of leisure and weekend recreation, on landscape preferences for corresponding activities, as well as economic values of marginal changes in recreational landscapes.
‘KÖSL 2.0’ builds upon those results. The set of indicators for the nationwide mapping and assessment of cultural ecosystem services will be further developed and, where possible, simplified. Development potentials identified in the previous project will be implemented. This includes e.g. a further development of the description of supply-demand relationships towards a single indicator representing the level of CES supply provided by the landscape or the supply level of settlements or the population. With the help of a corresponding indicator, areas with good or less good supply can be identified nationwide. At the same time, new indicators will be developed, for example for coastal and marine services for recreation and tourism. An indicator that takes into account the special features of oceans and coastal areas for CES supply has so far been lacking for the national level. The results can usefully inform planning and policymaking and contribute to Germany's reporting obligations under Target 2, Action 5 of the EU Biodiversity Strategy.
Weiterentwicklung des bundesweiten Indikatorensatzes für kulturelle Ökosystemleistungen (KÖSL 2.0)
Kurzbeschreibung
Erfassung und Bewertung kultureller Ökosystemleistungen in Deutschland
Als kulturelle Ökosystemleistungen (KÖSL) werden die Leistungen von Natur und Landschaft mit Wirkung u. a. auf Erholung, Landschaftserleben und -ästhetik bezeichnet. Die gesellschaftliche Bedeutung kultureller Ökosystemleistungen steigt in den Industrieländern, insbesondere wegen ihrer Rolle für die Gesundheit und des menschlichen Wohlbefindens (vgl. Guo et al. 2010). Dem wachsenden Bedarf stehen ein konstanter Verlust und eine eingeschränkte Substituierbarkeit entgegen (Almeida et al. 2015; Guo et al. 2010; Hernández-Morcillo et al. 2013; Milcu et al. 2013; Millennium Ecosystem Assessment 2005). Insbesondere für Freizeitaktivitäten im Grünen nach Feierabend oder für Tagesausflüge sind lange Anreisezeiten in ein Erholungsgebiet nicht umsetzbar und entsprechende Aktivitäten müssen in Gebieten minderer Qualität durchgeführt werden oder bleiben unverwirklicht, wenn keine entsprechenden Gebiete in erreichbarer Entfernung zur Verfügung stehen. Zudem lassen sich die positiven Wirkungen solcher Aktivitäten nicht oder nur in weitaus geringerem Maße durch technische Lösungen reproduzieren (Kahn et al. 2008). Anders als viele andere ÖSL werden KÖSL direkt erlebt und instinktiv wertgeschätzt, was häufig zu gesellschaftlichem Widerstand führt, wann immer sie gefährdet sind (Daniel et al. 2012; Gobster et al. 2007). Neben aktuellen Beispielen wie dem Bau von Windparks oder dem Ausbau des Stromnetzes gilt dies insbesondere für viele größere Straßenbauvorhaben, die oft stark auf die ästhetische und erholungsrelevante Qualität von Landschaften einwirken. Gleichwohl wird die steigende Bedeutung kultureller Ökosystemleistungen bisher noch nicht ausreichend berücksichtigt, insbesondere weil derzeit noch geeignete Methoden, Indikatoren und Bilanzen auf den verschiedenen Entscheidungsebenen fehlen (Feld et al. 2009).
Vor diesem Hintergrund war es das Ziel des Vorhabens, geeignete landschaftliche und ökonomische Indikatoren sowie eine Methode für die deutschlandweite, flächendeckende Erfassung und Bewertung von KÖSL für Erholung und Freizeit, insbesondere für die Freizeit- und Wochenenderholung (FWE), zu entwickeln und – soweit bei bestehenden Datengrundlagen möglich – bundesweit anzuwenden. Die entwickelte Methode wurde so ausgelegt, dass Ergebnisse prinzipiell auf Grundlage bestehender bzw. durch diese Studie erarbeiteter Daten bundesweit gewonnen werden können. Die Bedeutung eigenständiger empirischer Studien zur Nutzung und Bewertung von Landschaftsveränderungen wird durch den aktuellen Befund insofern betont, als die Einschätzungen von professionellen Analystinnen und Analysten (Personal im Bereich der Stadt- und Landschaftsplanung und in anderen Behörden) in Bezug auf KÖSL stark voneinander abweichen (Riechers et al. 2016).
Die Methode sollte unter anderem auf physischen Indikatoren und Parametern beruhen, die die naturräumlichen Voraussetzungen für die Bereitstellung kultureller Ökosystemleistungen quantifizieren können und die über ein Monitoring bilanzierbar sind. Solche Indikatoren sind z. B. der Kleinstrukturanteil und charakteristische Landschaftselemente, die die ästhetische Qualität für die Naherholung abbilden, wie bspw. Grünflächen in Siedlungen und deren Ausstattung sowie aktivitätsrelevante Elemente. Ferner sollen sowohl die ästhetischen Leistungen als auch die mit der Ausstattung der Erholungsflächen verbundenen Aktivitäten und Nutzungen so weit wie möglich ökonomisch abgebildet werden. Ein bedeutender Faktor, der die Realisierung der naturräumlichen Potenziale maßgeblich beeinflusst, ist die infrastrukturelle Erreichbarkeit der naturräumlichen Attraktionen im Verhältnis zu den Quellregionen der Freizeit- und Wochenenderholung. Zu berücksichtigen ist daher die Wegezeiten in Abhängigkeit von der Verkehrsinfrastruktur. Aber auch die sonstige ‚touristische‘ Erschließung (Verköstigung, Beherbergung, erholungsspezifische Infrastruktur) beeinflusst den ökonomischen Wert.
Um die Ziele des Vorhabens zu erreichen, wurde ein Forschungsdesign entwickelt, das sich in vier Schritte gliedert. Die Grundlage bildet eine Literaturstudie zu bestehenden Methoden und Indikatoren, die der Erfassung und Bewertung von KÖSL dienen. Die Anwendbarkeit dieser Methoden und Indikatoren auf nationaler Ebene sowie die Verfügbarkeit notwendiger Datengrundlagen wurden überprüft. Darauf aufbauend wurde im zweiten Schritt ein Konzept für die deutschlandweit flächendeckende Erfassung und kartographische Darstellung des landschaftlichen Dargebots an KÖSL für FWE, der relevanten Erholungsinfrastrukturen sowie der Nachfrage entwickelt und angewendet. Die Überlagerung beider Teile hilft bei der Identifizierung räumlicher Kongruenzen und Diskrepanzen zwischen Dargebot und Nachfrage. Parallel dazu wurden im dritten Schritt in einer deutschlandweit repräsentativen empirischen Studie Präferenzen für die landschaftlichen Eigenschaften für die FWE erhoben und ökonomische Daten ermittelt. Das Design der Befragung berücksichtigt die für die räumliche Analyse verwendeten Indikatoren. Es beinhaltet zwei unterschiedliche Methoden der Präferenzermittlung. Zum einen wurden Fragen nach dem Verhalten bei der FWE bzw. der tatsächlichen Nutzung von Landschaften und deren Elementen bei der Erholung gestellt, aus denen die Teilnahme und Präferenzen (geäußerter Stellenwert von Landschaftsattributen und ‚Revealed Preferences‘) der Befragten abgeleitet werden können. Zum anderen wurde ein Choice-Experiment durchgeführt, bei dem die Befragten ihre Präferenzen ausgedrückt haben, indem sie sich für oder gegen verschiedene Auswahlalternativen mit hypothetischen Veränderungen ihres Erholungsraums entschieden haben (‚Stated Preferences‘). Beide Teile sollten ursprünglich einer sich ergänzenden ökonomischen Bewertung dienen. Der Projektverlauf hat jedoch gezeigt, dass sie nicht in der beabsichtigten Art und Weise vereinbar waren. So dienten schließlich die geäußerten Stellenwerte von Landschaftsattributen der Validierung der gewählten Parameter der räumlichen Bewertung. Die geäußerten Präferenzen wurden genutzt, um die Zahlungsbereitschaft für marginale Veränderungen von Erholungslandschaften zu ermitteln. Diese Zahlungsbereitschaften konnten jedoch nicht differenziert an die räumliche Erfassung und Bewertung angeschlossen werden, obwohl die Parameter der räumlichen Erfassung und die CE-Attribute auf einander abgestimmt waren. Dies lag daran, dass es nicht überzeugend gelang, die nach Kurzurlaub, Tagesausflug und Freizeitunternehmung differenziert erhobenen, tatsächlichen FWE-Vorgänge anhand der CE-Attribute überzeugend bundesweit zu modellieren. Im vierten Schritt wurde die Inanspruchnahme der KÖSL für FWE mittels Verschneidung der Dargebots- und Nachfrageindikatoren und in Abhängigkeit von den offenbarten Präferenzen der Erholungssuchenden modelliert. Dabei wurde sich auf einen verhältnismäßig leicht verständlichen Ansatz beschränkt.
Außerdem wurde die statistische Abhängigkeit zwischen dem Aufwand zur Erreichung eines Ortes zum Zwecke der Erholung und dem landschaftlichen und erholungsrelevantem Dargebot am betreffenden Ort analysiert. Die aus dieser Untersuchung abgeleitete Regressionsfunktion sollte für zukünftige ökonomische Bewertungen herangezogen werden können. Die Schätzung einer inversen Nachfragefunktion (Regression des Ausflugspreises auf die Anzahl der Ausflüge) konnte leider nicht zufriedenstellend umgesetzt werden.
Ergebnisse des Vorhabens sind im Einzelnen:
- Entwicklung und Anwendung eines Instruments zur bundesweit repräsentativen Erhebung der tatsächlichen Nutzung von Landschaften für die FWE und von offenbarten und geäußerten Präferenzen bei der Nutzung,
- bundesweit repräsentative Daten zu Teilnahmequoten, Häufigkeiten und Volumen der FWE sowie zu allgemeinen Präferenzen, offenbarten Präferenzen bei tatsächlich getätigten Ausflügen und geäußerten Präferenzen,
- ökonomische Bewertung marginaler Änderungen von Erholungslandschaften im Sinne einer Zahlungsbereitschaft,
- Entwicklung und Anwendung einer Methode zur räumlichen Erfassung und Bewertung der ästhetischen Qualität der Landschaft
- Entwicklung und Anwendung einer Methode zur räumlichen Erfassung und Bewertung der erholungsrelevanten Landschaftsqualität (inkl. meeresbezogene KÖSL),
- Entwicklung und Anwendung einer Methode zur räumlichen Erfassung des Nutzungsdrucks für FWE,
- Entwicklung und Anwendung einer Methode zur Überlagerung von Angebot und Nachfrage für FWE, die die Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage sichtbar machen kann,
- Entwicklung und Anwendung einer Methode zur räumlichen Modellierung der Inanspruchnahme von KÖSL für FWE,
- Entwicklung und Anwendung einer Methode zur räumlichen Modellierung der Versorgung von Quellpunkten mit Möglichkeiten für landschaftsgebundene FWE,
- Ableitung einer Regressionsfunktion (Ziel-Aufwand-Relation) als Vorbereitung für zukünftige ökonomische Bewertungen,
- Identifizierung von Lücken im Bestand amtlicher Daten sowie Vergleich mit einem kommerziellen Datensatz, und
- Aufzeigen des Forschungsbedarfs, insbesondere der Weiterentwicklung des FWE-Modells inklusive Ergänzung bzw. Wiederholung der empirischen Studie.
Die entwickelten Methoden und die Ergebnisse insbesondere der räumlichen Analyse der KÖSL-Indikatoren können dazu beitragen, Deutschlands Berichtspflichten im Rahmen des MAES-Prozesses nachzukommen. Es wurden verschiedene Vorschläge unterbreitet, wie ein entsprechender Indikator und eine Integration in ein Monitoring-System aussehen könnten. Langfristig sehen wir das Potenzial, die entwickelte Methode zur Modellierung der Inanspruchnahme in diese Richtung weiterzuentwickeln. Dazu müsste sie jedoch insbesondere mit aussagekräftigeren empirischen Daten untermauert werden. Auch können die entwickelten Methoden und Ergebnisse einen wertvollen Beitrag zur Politikberatung und Entscheidungsunterstützung leisten. Die nationale Bewertung kann perspektivisch zusätzliche Informationen und Orientierungsdaten aus übergeordneter Sicht zu subnationalen Planungen beitragen. Aus der Verteilung der erholungsrelevanten Landschaftsqualitäten im nationalen und interregionalen Vergleich können z. B. Hotspots und Gebiete mit Entwicklungsbedarf abgeleitet werden. (Aggregierte) Auswirkungen von Landschaftsveränderungen können aufgezeigt und die Ergebnisse bei der Evaluierung von Politikauswirkungen genutzt werden. Die entwickelten Methoden zur räumlichen Erfassung und Bewertung sind grundsätzlich für die Integration in Monitoring-Systeme sowie für die Nutzung bei Szenario-Analysen geeignet und können in diesen Bereichen eingesetzt werden. Durch die konsistente Verwendung der Methoden zur räumlichen Erfassung und Bewertung von KÖSL bei der Umweltfolgenabschätzung, z. B. von großräumigen Infrastrukturvorhaben, könnten unterschiedliche Varianten bundesländerübergreifend anhand eines bundesweit einheitlichen Bewertungsmaßstabes miteinander verglichen werden. Die räumlichen Bewertungsergebnisse bieten Anknüpfungspunkte für die Fortschreibung des „Bundeskonzepts Grüne Infrastruktur“ (BfN 2017). So können z. B die Ergebnisse der Überlagerung von Angebot und Nachfrage nach KÖSL für FWE Hinweise darauf geben, wo grüne Infrastrukturen verortet werden könnten, um Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrage zu mindern. Erstmals wurde zudem eine flächendeckende naturschutzfachliche Bewertung der ästhetischen und erholungsrelevanten Landschaftsqualität (Dargebot) bundesweit in Relation zum Nachfragepotenzial gesetzt.
Quellen
Almeida, M., Loupa-Ramos, I., Menezes, H., Carvalho-Ribeiro, S., Guiomar, N., Pinto-Correia, T. (2015): Urban population looking for rural landscapes: Different appreciation patterns identified in Southern Europe. Land Use Policy 2015.
BfN (2017): Bundeskonzept Grüne Infrastruktur. Grundlagen des Naturschutzes zu Planungen des Bundes. Bonn.
Daniel, T., Muhar, A., Arnberger, A., Aznar, O., Boyd, J., Chan, K., Costanza, R., Elmqvist, T., Flint, C., Gobster, P., Grêt-Regamey, A., Lave, R., Muhar, S., Penker, M., Ribe, R., Schauppenlehner, T., Sikor, T., Soloviy, I., Spierenburg, M., Taczanowska, K., Tam, J., von der Dunk, A. (2012): Contributions of cultural services to the ecosystem services agenda. Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 109 (23): 8812-8819.
Feld, C., Martins da Silva, P., Paulo Sousa, J., Bello, F. de, Bugter, R., Grandin, U., Hering, D., Lavorel, S., Mountford, O., Pardo, I., Pärtel, M., Römbke, J., Sandin, L., Bruce Jones, K., Harrison, P. (2009): Indicators of biodiversity and ecosystem services. A synthesis across ecosystems and spatial scales. Oikos 118 (12): 1862-1871.
Gobster, P., Nassauer, J., Daniel, T., Fry, G. (2007): The shared landscape:. What does aesthetics have to do with ecology? Landscape Ecology 22 (7): 959-972.
Guo, Z., Zhang, L., Li, Y. (2010): Increased dependence of humans on ecosystem services and biodiversity. PloS one 5 (10).
Hernández-Morcillo, M., Plieninger, T., Bieling, C. (2013): An empirical review of cultural ecosystem service indicators. Ecological Indicators 29: 434-444.
Kahn, P., Friedman, B., Gill, B., Hagman, J., Severson, R., Freier, N., Feldman, E., Carrère, S., Stolyar, A. (2008): A plasma display window? —The shifting baseline problem in a technologically mediated natural world. Journal of Environmental Psychology 28 (2): 192-199.
Milcu, A., Hanspach, J., Abson, D., Fischer, J. (2013): Cultural Ecosystem Services: A Literature Review and Prospects for Future Research. Ecology and Society 18 (3).
Millennium Ecosystem Assessment (2005): Ecosystems and human well-being. Synthesis. The Millennium Ecosystem Assessment series. Washington, DC (Island Press)x, 137.